Wie nutzen wir zukünftig unsere Kirchen und Pfarrzentren?
So sind die Überlegungen in St.Martin Lahnstein, St. Barbara und Heilig Geist
Nach einem langen grauen Winter freuen sich viele Menschen immer wieder auf den Frühling. Alles blüht auf und wächst, es wird wieder bunter und wärmer in unserem Leben. Aber schon jetzt wissen wir, dass es in diesem Jahr auch wieder Herbst wird. Die Felder werden abgeerntet und die Natur zieht sich zurück, um den Winter überstehen zu können.
So ist es auch mit vielen anderen Dingen des irdischen Lebens, „panta rhei“ – „alles fließt“, ist in Bewegung, in ständiger Veränderung, mal wächst etwas dann geht etwas zurück. Dem kann sich auch unsere Kirche nicht entziehen und das ist auch gut so. Denn Kirche sind wir, unsere Gemeinde, mit all den Stärken und Schwächen, mit all den Talenten und Engagement.
So haben wir uns schon vor einigen Jahren aufgemacht, um notwendige Veränderungen aktiv zu gestalten. Die „Lokale Kirchenentwicklung“ hat Neues aufbrechen lassen, einen Perspektivwechsel vollzogen, weg aus den eigenen vier Wänden und hin zu den Menschen in unserer Stadt. Veränderung ist jedoch nicht nur im pastoralen Bereich notwendig. Ein Überhang an Gebäuden durch eine sinkende Zahl der Gemeindemitglieder und hohe finanzielle Belastungen aufgrund des vorhandenen Immobilienbestands erfordern strukturelle Entscheidungen. Anfang 2015 haben wir daher in einem ersten Schritt die Immobilien unserer Pfarrgemeinde erfasst und auf ihre baulichen Zustand hin bewertet. Unter dem Gesichtspunkt „Sicherung des pastoral notwendigen und wirtschaftlich sinnvollen Immobilienbestandes“ wurden in einem zweiten Schritt Vorschläge durch einen Arbeitskreis für ein zukunftsfähiges Gebäudenutzungskonzept erarbeitet und Anfang dieses Jahres den Gremien unserer Pfarrgemeinde vorgestellt.
Fazit des Projekts:
- Die Reduktion der Immobilien ist alternativlos. Die Vorschläge sind teilweise schmerzlich, jedoch werden neue, realistische Wege zur Zukunftssicherung aufgezeigt.
- Die Veränderungen schaffen Freiräume und Chancen für eine gute pastorale Arbeit und finanzielle Handlungsfähigkeit.
Die Vorschläge im Einzelnen:
Kirchort St. Martin
Der Kirchort zeichnet sich aus durch den Sitz der Pfarrkirche und des zentralen Pfarrbüros. Hervorzuheben ist außerdem die Arbeit der Gemeindecaritas sowie die intensive, insbesondere durch die Gruppierungen getragene Jugendarbeit. Neues geistliches Liedgut wird hier durch den Kinderchor und die Jugendband in die Gemeinde getragen. Dieser Kirchort ist auch Ausgangspunkt der Lokalen Kirchenentwicklung, die viele neue Aktionen und Impulse in der gesamten Pfarrei umgesetzt hat (z.B. Sommerkirche, Plauderecke, AnsprechBar).
Für die Zukunft zeichnen sich hier die Schwerpunkte „Begegnung schaffen, Jugendarbeit und Vernetzung der Caritas ab.
Vorschläge des AK(Arbeitskreis):
- Dauerhafter Erhalt der St. Martin Kirche und des Pfarrhauses (Zentrales Pfarrbüro)
- Prüfung, ob in der Nähe der Kirche Räume für Jugend/Pfadfinder geschaffen werden könnten
- Seitenschiff der Kirche nutzen für Veranstaltungen und Treffen
- Hinweis: Um diese Umnutzung realisieren zu können müssen Kirchenbänke entfernt werden.
- Abgabe des Pfarrzentrums für z.B. KiTa-Nutzung und /oder Verkauf an Interessensgruppen
- Hinweis: Gruppenräume sollen weiterhin in ausreichender Zahl verfügbar sein, entweder im Pfarrzentrum oder am Pfarrhaus.
- Verkauf der Kirche Heilig Geist Kapelle
- Aufgabe der Josefskapelle und der Ölbergkapelle
- Hinweis: Eine Übergabe an den Förder-verein ist angedacht
Filialort Friedrichssegen
Die Räumlichkeiten des Filialorts liegen in unmittelbarer Nähe der Schule. Im Gemeindehaus findet schon seit Jahren die Essensverpflegung der Grundschüler statt. Der Ort ist getragen von einer Kleinen aber engagierten Gemeinschaft.
Die Ökumene wird hier als zukünftiger Schwerpunkt gesehen.
Vorschläge des AK:
- Kirche und Gemeindehaus so lange erhalten, wie die Essensverpflegung aufrechterhalten werden muss
- Hinweis: Ein Festhalten an diesen Gebäuden ist langfristig aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich.
- Erweiterung der Schule in den Kirchenraum wäre vorstellbar
- Präsenz vor Ort z.B. durch „Kaffeemobil“ erhalten
- Mitnutzung der evangelischen Kirche wäre vorstellbar
Kirchort St. Barbara
Kirche und Gemeindehaus sind an einem Ort, in zentraler Lage des Stadtteils mit guter Verkehrs-anbindung und guter Parkplatzsituation. Es gibt eine enge Verbindung von Kirche, Gemeindehaus und KiTa. Die Familienkirche (Kinderkirche, Familienbruch) sind hier ebenso beheimatet wie der Schulgottesdienst (Grundschule und Johannesgymnasium), wie der Kirchcafé und der Mittagstisch.
Als Schwerpunkte werden hier zukünftig die Familienpastoral und Caritative Beratungsangebote gesehen.
Vorschläge des AK:
- Krypta der Kirche als Gottesdienstort erhalten
- Für den Kirchenraum ist eine Umnutzung z.B. für Büros der Beratungsstelle vorstellbar
- Hinweis: Für die Umnutzung muss ein guter Nachnutzer gefunden werden.
- Hierfür Kontaktaufnahme mit dem Caritasverband, ebenso für die Nutzung des Pfarrhauses und des Wohngebäudes
- Gemeindehaus erhalten, ggf. zur Mitnutzung durch die KiTa und als Ausweichstätte für St. Martin
- Johanniskirche erhalten
- Aufgabe der Kirche Allerheiligenbergkapelle, guten Nachnutzer finden
- Aufgabe der Douque-Kapelle
Kirchort Heilig Geist (mit Dachsenhausen und Hinterwald)
Der Kirchort liegt in einem Diasporagebiet. Es gibt hier viele unterschiedliche Gruppierungen und viele Senioren. Das Pfarrzentrum ist in einem guten Zustand und liegt in unmittelbarer Nähe der Grundschule und KiTa. Mit der Stadt gibt es eine gute Kooperation.
Für die Zukunft werden die Schwerpunktthemen Seniorenarbeit und Ökumene gesehen.
Vorschläge des AK:
- Schließung/Aufgabe der Kirche und des Pfarrhauses vorbereiten
- Verkauf der Kirche mit ggf. Umnutzung zu Wohn-/Bürozwecken- Mehrgenerationenprojekt
- Sollte sich kein Investor finden, ist auch eine Schließung/ ein Abriss vorstellbar
- Pfarrzentrum erhalten, Nutzung für Gottesdienste und Teilfunktion als Bürgerhaus
Ob das alles reichen wird, können wir momentan noch nicht abschätzen. Die Finanzierung der notwendigen Innenrenovierung unserer Pfarrkirche und auch die Finanzierung der Kindertagesstätten sind momentan noch in der Klärung.
Gerne hätten wir Ihnen dieses Projekt und vor allem die Vorschläge des Arbeitskreises bei einer analogen Veranstaltung präsentiert, um dann auch direkt in die Diskussion darüber einsteigen zu können. So wird es jetzt viele Fragen und Gesprächsbedarf geben.
Beraten werden diese Vorschläge nun in den Gremien, den Ortsausschüssen, Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrat. Bringen Sie gerne Ihre Gedanken zu den Ergebnissen in den Ortsausschüssen ein oder schreiben Sie uns. Im Herbst dieses Jahres wird der Verwaltungsrat zum KIS-Konzept einen Beschluss herbeiführen, damit dann im Anschluss sukzessive die beschriebenen Maßnahmen angestoßen und weiterverfolgt werden können. Für die einzelnen Kirchorte werden zu diesem Zweck Arbeitskreise gebildet, die sich um die Konkretisierung und zeitnahen Umsetzung der Vorschläge kümmern.
Ostern zeigt uns immer wieder, dass wir den Karfreitag und den Karsamstag aushalten müssen. Wir können die Augen nicht vor der Wirklichkeit verschließen, sondern müssen uns den Herausforderungen stellen. Kirche ist nicht mehr so, wie wir sie aus der Jugendzeit kennen und sie wird auch nicht mehr so werden. Wir müssen diese Vorstellungen loslassen, uns davon verabschieden und die Zukunft unserer Kirche in die Hand nehmen. Wir müssen Kirche neu denken und Ballast abwerfen, so schwer es uns auch fällt.
Das Loslassen ist aber auch eine große Chance. Wir brauchen uns nicht mehr um Dinge kümmern, die inzwischen zur Last geworden sind. Kirche sind dann nicht mehr nur die Gebäude oder die Institution, Kirche ist dann wieder mehr Gemeinde, sind dann wieder mehr wir mit unserem Christsein, unseren Begabungen und Engagement.
Clemens Klaedtke
Die Informationen zu St.Martin Bad Ems, St. Katharina, St. Willibrord, St. Bonifatius und St.Maria/St.Nikolaus folgen in Kürze!